Das Geschäftsmodell «1‑Euro‑Business» – also Waren oder Dienstleistungen zu besonders niedrigen Preisen (häufig als Lockangebot) anzubieten – wirkt auf Kundinnen und Kunden verlockend, bringt aber aus rechtspraktischer Sicht zahlreiche Fallstricke mit sich. Zentrale Punkte für Anbieter mit Sitz in der Schweiz sind die korrekte Preisdeklaration, der Schutz vor Unlauterkeitsvorwürfen, die Einhaltung von Gewährleistungs‑/Mängelrechten sowie die Besonderheiten beim grenzüberschreitenden Verkauf. Pflicht ist, dass der tatsächlich zu bezahlende Preis in Schweizer Franken ausgewiesen wird; eine zusätzliche Angabe in Euro ist zwar zulässig, die Deklaration in CHF muss jedoch sichtbar und eindeutig sein. (seco.admin.ch)
Bei der Preisauszeichnung gelten in der Schweiz die Regeln der Preisbekanntgabeverordnung (PBV): Endpreise müssen vollständig (inklusive Mehrwertsteuer und sonstiger Preisbestandteile) angegeben werden; bei Aktionen und Rabattangaben sind Transparenz und Nachprüfbarkeit essenziell. Wer mit «1 Euro» wirbt, muss also klar machen, ob Versandkosten, Bearbeitungsgebühren, Mindestbestellmengen oder sonstige Zuschläge hinzukommen — fehlende oder missverständliche Angaben führen zu Sanktionen durch die zuständigen Behörden und zu zivilrechtlichen Ansprüchen. Die Wegleitung zur PBV und die einschlägigen Merkblätter des SECO erläutern die praktischen Anforderungen an die Preiskennzeichnung. (bundespublikationen.admin.ch)
Unlautere Geschäftspraktiken sind verboten: Das schweizerische UWG verbietet irreführende Angaben über Preise, Vorratshöhen oder die Art der Verkaufsaktion. Besonders riskant sind «Scheinalternativpreise» (künstlich erhöhte Vergleichspreise) oder Aktionen, die nur für extrem kleine Stückzahlen gelten, ohne dies transparent zu machen — solche Praktiken können Unterlassungs‑, Beseitigungs‑ und Schadenersatzansprüche nach sich ziehen. In vielen Fällen greifen auch verwaltungsrechtliche Massnahmen oder Strafbestimmungen. Daher ist eine saubere Dokumentation der tatsächlichen Listen‑ und Aktionspreise wichtig. (lawbrary.ch)
Wer an Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU verkauft oder seine Werbung auch im EU‑Raum richtet, muss zusätzlich die EU‑Regelungen beachten (z. B. Anforderungen an Referenzpreise und an die Kennzeichnung von Preisermäßigungen nach der Preisangabenverordnung (PAngV) in Deutschland bzw. verwandten Vorschriften in anderen Mitgliedstaaten). Deutsche Gerichte haben wiederholt betont, dass Rabattwerbung nur dann zulässig ist, wenn der Referenzpreis tatsächlich während des relevanten Zeitraums der niedrigste Marktpreis war; irreführende Rabattangaben können teure Abmahnungen und Unterlassungsansprüche auslösen. Anbieter mit cross‑border‑Geschäft sollten Promotionen daher zeitlich und preislich belegbar dokumentieren. (ihk.de)
Zu den vertraglichen Pflichten: Nach schweizerischem Obligationenrecht bestehen gegenüber Konsumenten Gewährleistungsrechte; Klagen wegen Sachmängeln verjähren grundsätzlich nach zwei Jahren ab Ablieferung (bei gebrauchten Sachen kann die Frist kürzer sein). Käuferinnen müssen Mängel rechtzeitig rügen, andernfalls können Ansprüche verloren gehen. AGB, Widerrufs‑ und Reklamationsregelungen müssen so ausgestaltet sein, dass sie diese gesetzlichen Mindestrechte nicht unzulässig einschränken. Gerade bei sehr günstigen Aktionspreisen sollten Verkäufer intern Regelprozesse für Reklamationen, Ersatzlieferungen und Rückerstattungen definieren. (swissrights.ch)
Praktische Compliance‑Empfehlungen für Betreiber eines «1‑Euro‑Business»:
- Preisangabe: Immer den Gesamtpreis in CHF (inkl. MWST) angeben; zusätzliche Währungsangaben nur ergänzend und mit klarem Hinweis, wer Wechselkurs‑Risiko trägt. (seco.admin.ch)
- Transparenz bei Rabatten: Referenzpreise und Vergleichszeiträume dokumentieren; keine künstlich aufgeblähten «UVP», wenn diese real nie verlangt wurden. (ihk.de)
- Werbung und AGB prüfen: Formulierungen auf Irreführung, Druckausübung oder missbräuchliche Klauseln hin prüfen (UWG‑Konformität). (lawbrary.ch)
- Internes Controlling: Stückzahlen, Lagerbestände und Konditionen für Aktionsware dokumentieren, damit bei Nachfrage oder Prüfungen die Aktion nachvollziehbar ist.
- Cross‑border‑Checks: Bei Verkauf in die EU Widerrufs‑ und Informationspflichten (u. a. 14‑tägiges Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen) beachten und die Versand‑/Zollkosten transparent ausweisen. (eur-lex.europa.eu)
- Steuer‑ und Buchhaltung: Geringe Preise ändern nichts an Melde‑ und Steuerpflichten; korrekte MWST‑Abrechnung und Belegausstellung sind Pflicht.
- Risiko von Missbrauchsverdacht: Extrem niedrige Preise in Verbindung mit ungewöhnlichen Zahlungsströmen oder Rückerstattungsmustern können bei Behörden Fragen zu Geldwäscherei oder Steuerumgehung hervorrufen — bei Unsicherheit prüfen lassen.
Kurzum: Das Angebot «1 Euro» kann rechtlich zulässig und marketingwirksam sein, verlangt aber hohe Sorgfalt bei Deklaration, Dokumentation und Einhaltung von Verbraucherschutz‑ und Lauterkeitsregeln. Empfehlenswert ist, Aktionsmechaniken, AGB und Onlineshop‑Templates vor Start rechtlich prüfen zu lassen, besonders wenn Werbung grenzüberschreitend geschaltet oder systematisch mit Referenzpreisen gearbeitet wird. Falls Sie wollen, kann ich Ihnen eine Checkliste mit konkreten Formulierungen für Preisangaben, AGB‑Klauseln und Werbematerial erstellen oder prüfen.
